Sprachbegabt und sportlich. Eines der Gesichter in Düsseldorf
Bei der Aufzählung ihrer Sportaktivitäten brachte Annika Hutsler Moderator Steven Gätjen bei der Eröffnungsfeier kurz aus dem Konzept. Jetzt sammelt sie eifrig Erfolge bei den INVICTUS GAMES DÜSSELDORF 2023 presented by Boeing. Die 27-Jährige versetzt einen regelrecht ins Staunen.
Der erste Eindruck täuscht. Denn die junge Dame mit den Sommersprossen und den rot, weiß und blau lackierten Fingernägeln trägt zwar ein rotes Shirt mit dem Union Jack drauf. Hinten an ihrem Rollstuhl hängt auch ein Rucksack des französischen Teams. Und Annika Hutsler spricht zudem ausgezeichnet deutsch, hat familiäre Wurzeln auf den Philippinen, gehört aber dem US-Team an.
Vier Medaillen hat das Multitalent bereits eingesackt. Sie ist mit gerade mal 27 eine der jüngsten Teilnehmerinnen der INVICTUS GAMES 23 presented by Boeing – und lebt den Gedanken einer internationalen Begegnung in Düsseldorf am Rhein sehr intensiv.
In Europa war sie zuvor noch nie, Deutsch war ihr fremd, da traf sie am Strand in Venice Beach beim Skateboardfahren einen Österreicher und einen Sportler aus Bayern. “Von denen habe ich ein bisschen Deutsch gelernt”, sagt Annika lächelnd. Sie ist offenbar ein Sprachtalent. “Die Wörter zu lernen, das ist gar nicht so schwer. Nur die Grammatik…” – dabei formuliert sie in der Tat ausgezeichnet.
Sie ist offen, geht auf die Leute zu, hat schon etliche Pins getauscht mit Teilnehmer aus aller Herren Länder. “Sprachlich komplizierter ist es nur mit den Sportlern aus Georgien und Jordanien”, findet Annika, die in Colorado geboren ist und mittlerweile in Los Angeles lebt.
Dann klappt die Verständigung eben mit Händen und Füßen. Irgendwie wird man sich immer einig. Und auch mit einer gehörlosen Sportlerin aus Kanada hat sich Annika schon ausgetauscht: Sie beherrscht die Gebärdensprache.
Nach einer Woche in Washington D.C. mit gemeinsamem Training des 59-köpfigen US-Teams, genießt sie die Wettkämpfe und den Austausch mit Athleten aus aller Welt. Sie ist sportlich vielseitig und erfolgreich. Um vier Hundertstel verpasste sie Gold über 100 Meter, wurde in ihrer Wettkampfklasse, flott unterwegs dank einer Karbonschiene, Erste über 200 Meter und holte Silber im Diskuswerfen.
Sport bestimmt ihr Leben nicht nur in den intensiven Tagen bei den Invictus Games. “Manchmal stehe ich morgens auf und denke: Heute habe ich Lust zum Klettern. Oder zum Surfen. Dann mache ich das einfach.” Dazu kommen natürlich Leichtathletik und Schwimmen, “das alles ist ingesamt wichtig, um Sachen zu vergessen, die nicht so toll laufen im Leben”, berichtet die frühere Angehörige des Marine Corps. Nebenbei hat sie auch schon für Tommy Hilfiger gemodelt hat. Äußerst umtriebig eben.
Einen besonderen Auftritt hatte die Veteranin der US-Marine auch bei der Eröffnungsfeier am Samstag. Sie erzählte von ihrer Lebensgeschichte und ihrer neu erlangten. Sie verlor ihren Fuß durch einen Tumor. Dank einer ordentlichen Portion Humor und Selbstironie inspiriert Annika Hutsler andere Menschen als Influencerin über Social Media, schenkt als Motivationssprecherin Kraft. Es scheint unglaublich, aber sie beschreibt den Verlust ihres Fußes als Weg zurück zu einem besseren Leben. Man nimmt es ihr ab.
Die nächsten sportlichen Pläne sind auch schon klar, verbunden mit einem Umzug. Von Kalifornien verlegt sie demnächst ihren Lebensmittelpunkt nach Salt Lake City, wo die Bedingungen für Wintersport deutlich besser sind als im sonnigen Kalifornien. Eine sehr konsequente Entscheidung. Denn die vielseitige Amerikanerin will 2026 bei den Paralympics an den Start gehen. Im Ski-Abfahrtslauf.
Ein Video zeigt, wie sie locker kurvend einen Abhang hinunterfährt. Sehr elegant, sehr gekonnt, auf einem Ski: Wintersport demnächst also. Doch zunächst hat Annika noch sportliche Ziele in Düsseldorf. Sie geht am Mittwoch im Schwimmen und am Donnerstag im Tischtennis-Einzel an den Start. Spätestens dann dürfte ihre Sammlung von internationalen Pins komplett sein. Und vielleicht auch ihre Medaillen-Sammlung.
Autor: Oliver Bitter
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