
Ein bisschen verzieht er das Gesicht, schiebt die Sonnenbrille nach oben und mustert skeptisch die 18 Meter entfernte Zielscheibe. Etwas verrutscht ist der Versuch von Sandro Lecca, die Zehn zu treffen, rechts oben landet der Pfeil. Das soll am Freitag besser werden als im Training. Dann beginnen die Wettbewerbe im Bogenschießen in einem Riesenzelt, das neben der Leichtathletikhalle errichtet wurde.
Beim Training am Mittwoch jedenfalls sind die Teilnehmer heilfroh, dass sie ein Dach über dem Kopf haben, als plötzlich ein heftiger Regenschauer über die MERKUR SPIEL-ARENA im Düsseldorfer Norden zieht.


Vor vier Monaten hat er Bogenschießen zum ersten Mal ausprobiert, vorher war er Sportschütze. Bei den INVICTUS GAMES 23 presented by Boeing hat er überdies am Indoor Rudern teilgenommen und auch im italienischen Rollstuhl-Rugbyteam mitgespielt.
Sandro beendet das Training. Ein Freund, der nicht im Rollstuhl sitzt, schlendert zur Scheibe und sammelt die Pfeile ein. Draußen herrscht etwas Zwielicht, nicht gerade ein Vorteil bei der Präzisions-Sportart Bogenschießen, für die in Düsseldorf mehr als 150 Teilnehmer gemeldet haben. Schwierige Lichtverhältnisse also – ob er deshalb mitunter die auffällige Sonnenbrille mit blauem Rahmen trägt? “Nein”, sagt der 43-Jährige lächelnd, “die hat mir meine Freundin geschenkt. Sieht einfach cooler aus.”
Was ist denn interessanter, Mannschafts- oder Einzelsport? Das Bogenschießen, sagt er, habe Vorteile, “da bist du für keinen anderen verantwortlich. Aber mehr Spaß macht es in der Mannschaft, das ist auf jeden Fall lustiger. Und es ist unglaublich, so viele tolle Leute aus allen möglichen Ländern zu treffen.”
Das gilt, auch wenn das italienische Rugby-Team lauter mehr oder weniger klare Niederlagen kassierte. “Die Ergebnisse sind ja auch zweitrangig. Aber es ist Wahnsinn, wie die US-Mannschaft spielt, das ist ein ganz anderer Sport”, findet Ex-Soldat Sandro. Er stammt aus der Nähe von Cagliari (Sardinien) und interessiert sich natürlich auch für Calcio, für Fußball. Noch immer schwärmt er von den glorreichen Zeiten des AC Milan mit Ruud Gullit und Marco van Basten. Aber auch Rudi Völler, in seiner aktiven Zeit unter anderem bei AS Rom, ist einer seiner Favoriten.


Bis Freitag will Sandro noch ein wenig an der Technik feilen und die Gegebenheiten vor Ort näher kennenlernen. Dann sollen die beim Recurve-Bogen schon mal 280 Stundenkilometer schnellen Pfeile auch häufiger im inneren Ring landen, dem gelben, mit zwölf Zentimetern Durchmesser. Das ist dann eine Zehn oder, am äußeren Rand, eine Neun. “Es ist die Mischung zwischen einer gewissen Anspannung in der Körpermitte und der nötigen Lockerheit”, sagt Sandro. “Darauf kommt es an, aber das ist gar nicht so leicht hinzukriegen im Wettbewerb.”
Die Speichen seines Rollstuhls sind grün-weiß-rot, logisch, in den italienischen Landesfarben. Sandro rollt ein Stück zur Seite, für ihn ist die Übungseinheit beendet; nun schnappt sich ein Sportler aus Israel einen Bogen und visiert das Ziel an, nebenan üben Teilnehmer aus den Niederlanden und aus Australien. Sandro rückt die Sonnenbrille zurecht. Nötig ist sie nicht unbedingt, die Sonne hat sich verzogen. Aber, logisch, es sieht halt cooler aus.
Autor: Oliver Bitter
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